Auffällige Ackerwildkräuter wie Kornblume, Mohn und Kamille waren für viele Jahrhunderte bunte Begleiter auf unseren Äckern. Durch die Veränderungen in der Landwirtschaft hat die Vielfalt an wild lebenden Pflanzen und Tieren in unseren Ackerlebensräumen jedoch stark abgenommen. Heute steht jede zweite Ackerwildkraut-Art in mindestens einem Bundesland Deutschlands auf der Roten Liste der gefährdeten Blütenpflanzen.
„100 Äcker für die Vielfalt“ ist der Name eines 2009 gestarteten Projektes, welches ein bundesweites Netz an Schutzgebieten für Ackerwildkräuter einrichten möchte. In Schleswig-Holstein wird das Projekt vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) koordiniert und vom Deutschen Verband für Landschaftspflege (DVL) e.V. umgesetzt. Unsere Stiftung beteiligt sich bei der Suche nach geeigneten Flächen auf ökologisch wirtschaftenden Höfen und ist Trägerin der landesweit ersten Schutzäcker auf dem Biohof Schoolbek.
Der ökologisch bewirtschaftete Hof Schoolbek liegt in der Gemeinde Kosel an der Schlei. Auf einer Ackerfläche des Betriebes wurde im Jahr 2007 durch die AG Geobotanik ein Bestand des vom Aussterben bedrohten Lämmersalates entdeckt. Daneben konnten zahlreiche weitere gefährdete Arten nachgewiesen werden, wie z.B. Ackerlöwenmäulchen, Ackerziest und Breitblättriger Hohlzahn.
Susanne von Redecker, die Bewirtschafterin des Hofes, hat selbst ein großes Interesse am Naturschutz, und so konnten auf etwa 15 ha „Schutzäcker“ eingerichtet werden. Gemeinsam haben wir für die Dauer von 13 Jahren Nutzungsvereinbarungen entwickelt, die neben den gefährdeten Ackerwildpflanzen auch gefährdete Feldvogelarten erhalten und fördern sollen. 2009 erhielt Susanne von Redecker für ihr Engagement den Landschaftspflegepreis des DVL. Während im Jahr 2018 seit Projektbeginn erstmals kein Lämmersalat gefunden werden konnte – vermutlich aufgrund der extremen Dürre – konnten die Pflanzen 2019 erneut nachgewiesen werden.
Die Finanzierung der Maßnahmen erfolgt durch das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (MELUR). Die AG Biobotanik hat einen Artikel zu der Rolle des Biohofs Schoolbek in der Umsetzung des 100 Äcker-Projekts veröffentlicht.
Nach den Ergebnissen begleitender Monitoring-Erfassungen der AG Geobotanik konnten durch die Bewirtschaftungsmaßnahmen die Vorkommen der gefährdeten Ackerwildpflanzenarten erhalten werden. Neben dem vom Aussterben bedrohten Lämmersalat wachsen zahlreiche weitere gefährdete Ackerwildpflanzen auf den „Schutzäckern“, wie das Acker-Löwenmäulchen, der Acker-Ziest, der Weiche Hohlzahn und das Kahle Ferkelkraut. Um die seltene Ackerflora zu erhalten, werden die Ackerflächen nicht gedüngt. Außerdem wird auf jegliche „Unkrautbekämpfung“ verzichtet und die „Schutzäcker“ werden regelmäßig jahrweise in einem Brachjahr der Selbstbegrünung überlassen. Getreidestoppeln werden nach der Ernte nicht bearbeitet, damit auch sich spät entwickelnde Ackerwildpflanzenarten noch Samen bilden können. Die Flächenbewirtschaftung erfolgt durch den Biohof Schoolbek in Kooperation mit dem Biolandhof Andresen aus Selk.
Zusammen mit den Projektbeteiligten begutachtete der schleswig-holsteinische Umweltminister Jan Philipp Albrecht am 7. Juli 2021 die Erfolge des Artenschutzprojektes und sagte: ""Die Artenvielfalt und das Klima sind eng miteinander verbunden. Sie beeinflussen sich gegenseitig. Es ist daher enorm wichtig, intakte Ökosysteme zu erhalten. Mit unserer Biodiversitätsstrategie verfolgen wir dieses Anliegen - und dieser Schutzacker ist ein sehr anschauliches Beispiel dafür, wie bedrohte Ackerwildkräuter geschützt werden können."